Cloud Computing an sich ist ja schon ein Universum für sich!

 

Kleine bis riesige Datenmengen werden online gespeichert, verarbeitet und für viele Anwendungen genutzt – über Server, die sich weit entfernt überall auf dem Globus befinden können. Faszinierend hoch 10 wird die Materie jedoch, wenn auch noch Quantencomputing ins Spiel kommt. Wie bei QMware – einem Unternehmen, das sich auf Quantencomputing in einer Cloud spezialisiert. Doch was ist das und wozu soll das gut sein? Gute Fragen, gute Antworten? Ein Gespräch mit Georg Gesek, Chief Technology Officer bei QMware!

Herr Gesek, vielen Dank, dass Sie uns für eine kleine „Quanten-Plauderei“ zur Verfügung stehen!

Quanten-Plauderei trifft es gut! Freut mich, Ihnen etwas aus „meiner“ Welt erzählen zu können!

Ihr Unternehmen QMware ist auf hybrides Quantencomputing spezialisiert. Was ist darunter zu verstehen? Und was sind Quanten überhaupt?

Hybrides Quantencomputing bedeutet die Kombination von klassischen Computern und Quantencomputern, um bestimmte Aufgabenstellungen effizienter lösen zu können als dies mit rein klassischen Systemen zu bewerkstelligen wäre. Dabei nutzen Quantencomputer Phänomene wie Superposition und Verschränkung, die die kleinsten Teile der Natur auf Mikro- und Nanoebene zeigen. Wir sprechen hier zum Beispiel von Systemen aus Photonen, also Lichtteilchen, Elektronen, oder Ionen.

Worin besteht der größte Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Heim-PC und einem Quantencomputer?

Zunächst möchte ich mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufräumen: Quantencomputer werden klassische Computer nie ersetzen, denn die Anwendungsgebiete sind ganz andere. Quantencomputer können nur eine Ergänzung zu klassischen Problemstellungen sein. Da kommt es auf die Aufgabenstellung an. Klassische Computer sind gut für Berechnungen, die durch einfache Algorithmen darstellbar sind, z.B. die Grundrechnungsarten. Komplexere Probleme allerdings können sehr langatmige, rekursive klassische Algorithmen zur Lösung benötigen. Manche dieser Rekursionen sowie mathematische Abhängigkeiten, die eine Parallelberechnung verhindern, können dagegen durch Quantenprozessoren in deutlich weniger Arbeitsschritten prozessiert werden.

Doch nun zu Ihrer Frage: Der größte Unterschied besteht in der Art, wie ein Quantencomputer rechnet. Ein herkömmlicher Computer arbeitet mit klassischen Bits, die entweder 0 oder 1 sein können. Ein einziges Qubit jedoch – die Recheneinheit im Quantencomputing – kann sich in einem sogenannten „Überlagerungszustand“ von 0 und 1 befinden. Bildlich könnte man sich das in etwa so vorstellen: Wenn ein klassisches Bit die beiden Farben Grün = 0 oder Blau = 1 annehmen kann, dann kann ein Qubit alle Farben, die sich aus Grün und Blau kombinieren lassen, annehmen – aber es zeigt letztlich trotzdem immer nur eine Farbe.

Oder stellen Sie sich vor, Sie lesen in einer riesigen Bibliothek ein Buch nach dem anderen, um eine bestimmte Information zu finden – das ist ein klassischer Computer. Ein Quantencomputer hingegen könnte sich allen Büchern gleichzeitig widmen und die gewünschte Information so viel schneller finden.

 

Beim Cloud Computing arbeiten Sie auch mit so genannten proprietären Quanten-Simulatoren – welche Rolle spiele diese Simulatoren?

Auch hier muss man aufpassen, den richtigen Begriff zu verwenden. Unter Quantensimulation verstehen wir das Abbilden der Eigenschaften von physikalischen, quantenmechanisch beschreibbaren Systemen in Quantenprozessoren. Damit lassen sich z.B. die physikalischen Eigenschaften von Molekülen in Quantencomputern simulieren. Eingesetzt wird dieses Verfahrens z.B. in der Pharmaindustrie oder den Materialwissenschaften. Dagegen bedeuten Quantensimulatoren klassische Computer, welche Quantencomputer simulieren können. Wir haben so einen proprietären Quantensimulator für diese Berechnungen auf Basis von sogenannten CPUs und GPUs entwickelt. Damit lassen sich Quantenalgorithmen mit geringeren Kosten ausprobieren und man kann erste, industrielle Anwendungen produktiv betreiben.

Wenn Sie Quantentechnologie / -forschung in einem Bild beschreiben müssten – wie sähe es aus?

Ein Bild könnte ein Ozean voller wellenförmiger Muster sein, die miteinander interferieren, sich also zu immer neuen Mustern überlagern. Dies zeigt die komplexe und miteinanderverflochtene Natur von Quantensystemen. Gleichzeitig – und jetzt kommen wir wieder in die Quantenphysik – spiegelt  das Ozeanbild sehr gut den Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik wider. Diese Erkenntnis aus der Quantenphysik schreibt den Objekten sowohl Eigenschaften von klassischen Wellen wie auch klassischen Teilchen zu. Das Bild eines Ozeans, bestehend aus einer Vielzahl von einzelnen Tropfen, die gleichzeitig in Wellen schwingen, kommt diesem physikalischen Konstrukt sehr nahe.

 

Den Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik kann man sich bildlich wie Wellen im Ozean vorstellen. Bild (c)QMware

Für welche Herausforderungen wird Quantencomputing mit einer Cloud heute schon erfolgreich genutzt?

Quantencloud-Computing wird bereits in Bereichen wie Materialwissenschaft, Optimierung, Finanzmodellierung und Medikamentenentwicklung getestet. Es ermöglicht Forscher*innen und Unternehmen Zugang zu Quantencomputing-Ressourcen, ohne physisch einen eigenen Quantencomputer zu besitzen. Wir haben dabei konkrete Anwendungen z.B. mit Terra Quantum und Thales Aerospace in Frankreich für Satelliten-Missions-Planungsoptimierung oder die Verbesserung der Konstruktion von rohrförmigen Flüssigkeitsmischern mit Evonik in Deutschland getestet

 

Ein Blick in die Zukunft: Lässt sich irgendwann die Natur in ihren Prozessen simulieren – wäre das erstrebenswert?

Das ultimative Ziel für viele in der Quantenforschung ist genau das: mithilfe von Quantencomputern komplexe Systeme der Natur genauer zu modellieren und zu verstehen. Stichwort Wetter- und Klimaphänomene: Die Erdatmosphäre ist ein unglaublich komplexes System aus Wechselwirkungen zwischen Luftmassen, Ozeanströmungen und vielen anderen Faktoren. Herkömmliche Supercomputer sind bereits jetzt im Einsatz, um Wettervorhersagen zu treffen, stoßen aber an ihre Grenzen, insbesondere wenn es darum geht, langfristige Klimamodelle zu erstellen. Quantencomputer sollen uns dabei helfen, solche Modelle mit beispielloser Präzision zu simulieren. Damit werden Vorhersagen genauer und wir können den Klimawandel und seine Auswirkungen besser verstehen.

Während diese Anwendungsbeispiele also sehr vielversprechend sind, gibt es natürlich auch ethische und praktische Überlegungen. Wie bei jeder Hochtechnologie müssen wir sicherstellen, dass wir verantwortungsvoll mit ihrem Potenzial umgehen. Ähnlich wie beim Erstarken der Künstlichen Intelligenz – die übrigens bereits auch ihrerseits von den Fortschritten im Quantencomputing profitiert – braucht es eine öffentliche Diskussion und verbindliche Leitlinien. Und ich freue mich, dass sich hier Experten und Interessierte aus Industrie, Politik und auch Philosophie bereits mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen.

Sie sind Chief Technology Officer bei QMware. Was fasziniert Sie an diesem Job besonders?

Seit meiner Kindheit wollte ich wissen, wie das Universum funktioniert. Ich habe mich viel damit aus allen möglichen Blickwinkeln auseinandergesetzt. Dann kam mir die Idee das weltweit exponentiell wachsende Wissen über die Natur für eigene Technologien zu nutzen. Die universellste Herangehensweise hierzu ist meines Erachtens die Computerwissenschaft. Daher bin ich nach meinem Studium an der TU Wien in die IT-Industrie eingestiegen und habe 2004 das Hochleistungscomputerunternehmen Novarion Systems gegründet. Die Verbindung von Quantenphysik mit Computertechnologie und künstlicher Intelligenz hat mich seither am meisten fasziniert. Nur wenige Unternehmer bekommen die Chance an der Spitze einer potenziell revolutionären Technologie mitzuarbeiten und Pionierarbeit leisten zu dürfen. Bei QMware arbeiten wir an der Schnittstelle von theoretischer Physik, Ingenieurwesen und praktischer Anwendung. Damit bahnen wir den Weg in das Quantenzeitalter. Was gibt es Spannenderes, als die Zukunft mitzugestalten?

Auf Wolke 7 – mit Leidenschaft für Technologien!

Du kannst dir vorstellen, deinen Horizont um viel wertvolle Materie zu erweitern? Sehr schön – wir auch! Check jetzt alle Infos zu unseren Studiengängen im Bereich Engineering & IT und lenk´ deine Bahnen in Richtung Zukunft!

Georg Gesek ist Chief Technology Officer bei QMware Foto (c) QMware